Ventikantenflügel

 

Generationen von Müllern und Mühlenbauern forschten noch bis ins 20. Jahrhundert hinein, um die Idealform eines Windmühlenflügels zu entwickeln und damit eine maximale Ausnutzung der Windkraft zu erreichen. Ende des 19. Jahrhunderts begann Poul La Cour im Auftrag des dänischen Staates mit der ersten fundierten wissenschaftlichen Untersuchung, um die ideale Flügelform zu ermitteln. Aufbauend auf diesen Forschungsergebnissen entwickelte Kurt Bilau in den 1920er Jahren den Ventimotor  zur Stromerzeugung. Nach dem Scheitern dieser Geschäftsidee erhielt er 1930 von einem Windmüller die Anregung, die Mühlenflügel aerodynamisch zu verbessern.

Bilaus Erfahrungen aus seiner Militärzeit als Aerodynamiker (entgegen anderen Darstellungen war er weder Pilot noch Flugzeugkonstrukteur) ließen den Bilau- bzw. Ventikantenflügel entstehen. Neben einer aerodynamisch perfektionierten Ausbildung des Vorhecks (Ventikante) bildete die Konstruktion des Hinter- bzw. Haupthecks (Drehheck) eine weitere wesentliche Neuerung. Der gesamte aus Blech auf Holzspanten gefertigte Flügel entstand nach dem Vorbild von Flugzeugtragflächen. Das Vorheck wurde weiterhin feststehend, das Hauptheck jedoch auf voller Flügellänge in einem Stück parallel zur Flügelrute schwenkbar angelegt. Zwischen Vor- und Hauptheck liegt ein Spalt. Je nach Windstärke kann das Haupt- bzw. Drehheck und damit der Spalt geöffnet oder geschlossen und die Windangriffsfläche verkleinert oder vergrößert werden. Ein aufgestelltes Drehheck wirkt zudem als Bremse, so dass die Mühle schon allein durch das Aufstellen der Flügel abgebremst werden kann. Die aerodynamisch perfekte Konstruktion lässt die Mühle auch bei schwachem Wind hohe Leistung erzielen.

Ab den 1930er Jahren bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts sind etwa 186 Windmühlen mit Ventikantenflügeln nachgewiesen. Mancher Müller rettete seinen Betrieb damit zunächst vor dem Mühlensterben. Heute sind funktionsfähige Ventikantenflügel in Deutschland jedoch nur noch an wenigen Windmühlen zu finden. Die hohen Kosten für Anschaffung und Unterhalt, aber auch sein hohes konstruktionsbedingtes Gewicht begrenzten die weitere Verbreitung dieses Flügeltyps.

 


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